[Rezension] Manuel Wagner: Nur ich bin normal

Das Buch

Bei der Geburt fängt der Wahnsinn an: Seiner wohligen Einsamkeit entrissen, sieht sich der neue Mensch zahllosen Artgenossen ausgeliefert. Andere Menschen sind überall, und sie nerven. Dabei verhalten sie sich so berechenbar wie ein Kernkraftwerk, das zwischen zwei tektonischen Platten von den Typen errichtet wurde, die uns Tschernobyl eingebrockt haben. So sieht es die Hauptfigur dieser Geschichte. Kein Wunder, dass sie uns aus ihrer Perspektive jede Menge skurrile Anekdoten zu erzählen hat. Der Malzwang im Kindergarten, die absurden Verhaltensweisen der Mitschüler auf der Klassenfahrt, die seltsamen Geschehnisse während einer Studentenparty und anderer Irrsinn lassen nicht nur das Ich in der Geschichte an der psychischen Gesundheit der Mehrheit zweifeln. Wie aber soll das Ich mit den anderen umgehen? Warum fühlt es sich plötzlich doch zu jemandem hingezogen?

Meine Meinung

Ehrlich gesagt, ist es gar nicht so einfach eine Rezension zu diesem Roman zu schreiben. Der Autor selbst bezeichnet sein Buch als unkonventionell - und das ist es in jeder Hinsicht. Ganz im Motto "Ich war stets bemüht" versuche ich meine Gedanken zum Buch jetzt in einigermaßen verständliche Worte zu packen:

 

Der Roman liest sich wie eine Art Tagebuch, in dem das Ich sein Leben von Geburt an festgehalten hat - oder zumindest die Situationen in seinem Leben, die am skurrilsten waren, in denen das Ich am meisten zu "verarbeiten" hatte. Der Schreibstil ist dementsprechend des Öfteren umgangssprachlich, locker gehalten und nicht distanziert. So kann man sich als Leser direkt in das Leben des erzählenden Ich hineinversetzen, als hätte man das alles selber erlebt.

 

Den Großteil der Geschichte steht nur das Ich im Mittelpunkt; alles wird aus seiner Perspektive erzählt, andere Protagonisten gibt es nicht. Das Ich allein ist berechtigt andere zu betrachten und über sie zu urteilen - was die anderen persönlich über das Ich denken, bleibt dem Leser vorenthalten. Es stellt lediglich Mutmaßungen darüber an, was die Menschen über es denken. So kann man als Leser die ganze Geschichte auch nur aus einer Perspektive sehen und bewerten. Aber gerade das ist das Interessante. Was für den Leser immer wieder wie Ironie oder Sarkasmus aussieht, ist für das erzählende Ich der absolute Ernst. Diese eigentlich ernst gemeinten, aber ironisch wirkenden Stellen, machen das Lesen zu einem Vergnügen - wenn der Text auch oftmals sehr tiefsinnig und bedeutungsschwer ist.

 

Ob man sich als Leser nun mit dem Erzähler identifizieren kann oder nicht, muss jeder für sich entscheiden und das hängt auch davon ab, in wie weit man bereit ist, sich selbst gewisse "Macken" einzugestehen.

Fazit

Nur ich bin normal ist auf jeden Fall kein Buch für jedermann. Obwohl es nur 113 Seiten kurz ist, muss man sich viel Zeit zum Lesen nehmen. Aber dieser Roman hat es auch verdient, dass man sich diese Zeit dafür nimmt. Man kann unglaublich viel daraus lernen - man muss sich nur darauf einlassen und dem Ganzen eine Chance geben!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0